15. Januar 2013

Lohnfortzahlung – Personalreglement

Ausgangslage: Wie ist die Rechtslage bezüglich Lohnfortzahlung, wenn der Krankentaggeldversicherer seine Leistungen einstellt, der Arbeitnehmer aber weiterhin ein Arztzeugnis mit attestierter Arbeitsunfähigkeit einreicht? Mit dem Abschluss einer Krankentaggeldversicherung geht ein Arbeitgeber normalerweise davon aus, dass der Versicherer im Leistungsfall während (maximal) zwei Jahren Taggelder ausrichtet.

Nun kann es aber durchaus sein, dass sich der Krankentaggeldversicherer im Laufe der Fallbearbeitung – insbesondere unter Hinweis auf die sogenannte Schadenminderungspflicht – auf den Standpunkt stellt, es seien ab einem bestimmten Zeitpunkt keine weiteren Leistungen mehr geschuldet. Dann stellt sich die Frage, ob dennoch eine (weitere) Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers besteht? Die Beantwortung dieser Frage hängt entscheidend davon ab, welche Forderungen der Arbeitgeber in den Arbeitsverträgen oder im Anstellungsreglement gewählt hat. Es sind folgende Kategorien zu unterscheiden:

Beispiel 1

«Im Krankheitsfall gilt während zwei Jahren 80% Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber hat eine entsprechende Krankentaggeldversicherung abgeschlossen.» Mit dieser und ähnlichen Formulierungen sichert der Arbeitgeber eigentlich eine uneingeschränkte Lohnfortzahlungspflicht während zwei Jahren zu. Der Abschluss einer Krankentaggeld-Versicherung wird zwar erwähnt, aber für den Arbeitnehmer ist aus diesem Zusatz nicht erkennbar, dass die Lohnfortzahlung von der Ausrichtung der Versicherungsleistungen abhängt.

Konsequenz: Eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber besteht auch dann, falls sich die Krankentaggeldversicherung als nicht (mehr) leistungspflichtig erachtet.

Praxistipp: Die Lohnfortzahlung sollte im Anstellungsreglement an die Leistungspflicht der Krankentaggeldversicherung gekoppelt werden.

Beispiel 2

«Der Arbeitgeber hat eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen. Im Rahmen der Leistungspflicht der Versicherung besteht eine Lohnfortzahlung von 80% während maximal 720 Tagen innert 900 Tagen.» Bei einer solchen Formulierung wird explizit zum Ausdruck gebracht, dass die Lohnfortzahlung an die Leistungen der Krankentaggeldversicherung gekoppelt ist.

Konsequenz: Verneint der Versicherer seine Leistungspflicht oder stellt er sie ein, so besteht nach herrschender Lehre ein Lohnfortzahlungsanspruch im Rahmen der OR-Regelung (Art. 324a OR). Diese geht bedeutend weniger weit und ist zum Zeitpunkt einer Leistungseinstellung durch den Krankentaggeldversicherer ohnehin meistens ausgeschöpft.